1. Der Duft des Roggens
mit immer größer Unlust
ergriff ich Besitz von dir
tausend Meilen entfernt
da draußen auf den Feldern
doch du wartest
du sagst die Worte sind gefährlich
der Zucker des Herzens
der gewöhnliche Geschmack
und in der Ferne tief im Roggen
mit sinkender Distanz
da wartet auch sie
und ich warte darauf
von Vergessen eingefangen
zu werden
und es warst du
unter dem Laken
der verdeckte kopf
ah Tatiana
und sie hat nichts von dem
was geschieht
gewollt
oh Tatiana
glaube ihr
der Roggen rauscht im Abendwind
um den Körper einer Frau
die zum Fenster eines Hotels blickt
wo ich mit einer andern bin
oh Tatiana
die Straße ist breit
sie geht mit uns hinab zum Meer
wie die Dinge meines Zimmers
wird ein Körper durch die Stadt geführt
wohin damit wohin
ich bin nur Teil der Perspektive
die Verzückung sie war so schnell vorbei
und die Liebe, liebe Lola
sie riss uns am Strand schon entzwei
der Abend bricht herein
du gehst langsam durch die Erlen
und ich lüge
und draußen auf den Feldern
schläft Lola im Roggen
so müde
2. Dissoziation Dreiundzwanzig
ich sah mich erst im Spiegel an
und wusst nicht, was ich sah
da war ein anderer mann vor mir
ein anderer Mann mit meinem Teint
er sah mir in die Augen
und ich wusste ganz genau
mit meinem alten ich
da ists ab heut da ists ab heute aus
es ist aus
er suchte mich
er besuchte mich
seit jenem Tag nun jeden Tag
und sah mir dabei zu
er sah mir dabei zu
wie ich mir selbst zum Fremden ward
erst Abends in der S-Bahn
ich fuhr zu mir nach Haus
da stieg ich aus der S-Bahn und es stieg etwas in mir auf
ich nahm einen der zwei Wege, die mich zu mir nach Hause führen
und auf dem Weg dorthin schon wieder
öffnet sich das Himmelsgestirn
zuhause dann
seh ich mir meine Hände an
und meine Hände sind so fremd mit mir
sie fühlt sich nicht wie meine an
es bin nicht der mich berührt
es ist nicht mein Wille
der sie führt
ich blicke in den Spiegel und seh jenen fremden Mann
und er sagt zu mir, dass ich damit doch bestimmt irgendwie umgeht kann
oh er suchte mich
er besuchte mich
seit jenem Tag nun jeden Tag
und sah mir dabei zu
er sah mir dabei zu
wie ich mir selbst zum Fremden ward
3. Ich wollte nie Museumsbauer werden
es ist Zeit
du sitzt und sahst dir Männer an, zu lang
und die Zeit, in der man vorwärts kann scheint vorbei
doch nicht nur ich träumte davon
ein unbeliebter Scheich zu sein
und auch als ich meine Pforten öffnete
blieb auch ich allein
es ist Zeit
die Königin der Stadtindianer ruft nach dir
ihre Rufe hallen durch belebte Gassen
liebe die Gedanken, liebe deine Gedanken
liebe die Gedanken, liebe deine Gedanken
ja Zeit,
die Sicherheitsmänner plaudern über dein Glück
glaube niemals einem Seefahrer auf Tagung
Zeit
denn erst wenn jemand Geld mit dir verdient
beginnt dein Leben, beginnt dein Leben
du träumst von einem Rucksack voller Regen
und jeden Morgen da ist er wieder weg, weg, weg
ich wollte nie Museumsbauer werden
ich wollte nie Museumsbauer sein, oh no
du trägst Nägel in den Taschen seit Dezember
verschwendest deine Jugend, denn wer weiß wofür sie taugt
ja ich habe dich danach gefragt
und du hast nur gelacht und ja gesagt
es ist Zeit
das Aquarell an deiner Wand ist verblasst
und auch streitbare Helden werden fallen
ob ich weiß
ob du Narzissen wohl immer noch so liebst
und ob die blaue Blume bei dir wohl noch blüht
ja ich weiß
jeden Abend kommt hier jemand spät nach Haus
du lauschst bis morgens ihren schritten
ich wollte nie Museumsbauer werden
ich wollte nie Museumsbauer sein, oh no
4. Ein Gewitter zieht auf
Es ist die letzte Zigarette,
bitte dreh sie schnell
nicht dass ich keine Zeit mehr hätte,
nur das Warten nimmt kein Ende.
Du wolltest hundert weiße Pferde
und das Meer zu deinen Füßen jedes Jahr
du wolltest tausend kleine Stiche
und morgen wies gestern war.
Es schreit das Horn Gabriels,
jede Minute
und an jeder Brücke, ja da wartet ein Mann
auf den einen Moment, wo er springen kann.
Tage und Nächte,
auf der Autobahn
Jahre, die dir niemand mehr bringen kann
Tage und Nächte, alles vertan
nicht jetzt ist die Zeit, sondern das, was mal war.
Dann eine kurze Minute,
in Gedenken an unser,
in unserer Andacht, bevor der Lärm sich breit macht.
Am Peron ist der Bildschirm tot
die Fahrt, sie geht ins blaue jahrelang
du wolltest niemals nur ein Wort
du wolltest all die großen Bücher haben.
Einander warn wir im Abschied
und auch da war ich schon fern
es war wohl zu früh
es ist alles zu spät
die Zeit wird wie alles vom Winde verweht.
Einander warn wir im Abschied
und auch da war ich schon fern
jetzt ist alles zu früh
denn es war wohl zu spät
du wirst es auch sehn wenn der Schleier sich legt.
Es schreit das Horn Gabriels
ein Leben lang
und Tage für Tage da wünschte sich man
das einer als erster der Sprung wagen kann
die Zukunft hält Spiegel, man weiß schon Bescheid
nur einmal zu viel, nur einmal zu weit
alles wir laut
ein Gewitter zieht auf.
Tage und Nächte,
auf der Autobahn
Jahre, die dir niemand mehr bringen kann
Tage und Nächte, alles vertan
nicht jetzt ist die Zeit, sondern das, was mal war.
5. Amarillo
um halb 9 in der Früh
und wir liefen im Gleichschritt
zur Fabrik bei den Wäldern
wir liefen im Gleichschritt
es verfing sich ein Blatt in den Haaren
die wehten im Wind
ich verging mich einmal schon vor Jahren
an dir
amarillo amarillo
ich legte ein Feuer
amarillo amarillo
und du sahst dabei zu
du suchst eine Blume
ich gehe in die Arbeit
ich suchte meine Blüte
und du gehst in die Arbeit
was man tun soll frag ich im Wald
und du sprichst auf der Lichtung
du sagst alles gegen die Welt
es muss ich was ändern
und ich denke an St. Etienne
wo ich wartete zwischen zwei Zügen
ich denke wir tun alles für das Glück denn
unsre Zeit ist begrenzt
amarillo amarillo
ich legte ein Teuer
amarillo amarillo
und du sahst dabei zu
und wir rauchten und sprachen
ich gab dir die Glut
und du tatest was du wolltest, was man eben so tut
die Flammen breiten sich aus
und wir sehn dabei zu
du löst dich und lässt dich verbrennen
ich sehe dir zu
amarillo amarillo
es brannte lichterloh
amarillo amarillo
und nur du tust ihm ebenso
amarillo amarillo
es brannte lichterloh
amarillo amarillo
und nur du tust ihm ebenso
6. In Rom
Am Piazza deines Lebens
ja da wartest du vergebens
und die Straßenmusikanten spielen einen Trauermarsch
die Rosenmänner meiden dich
die Zeit rennt dir davon
und keines deiner Mitbringsel bringt Liebe
am Piazza deines Lebens
ja da wartest du vergebens
denn da wo wir uns gesehen hätten
stehst du nun allein
du sagtest Rom
ist zu weit weg mein Freund
ja Rom
ist zu weit entfernt
du sagtest Rom
ist zu weit weg mein Freund
ja Rom
ist viel zu weit entfernt
viel zum ein entfernt
ja im Kolosseum kämpfte ich
um eine Handvoll deiner Blicke
doch die Stadt der Ewigkeit
sie belehrte mich
und deine Augen werden wässrig
und die Fontana die Fiumi weint mit dir
mit dir
und ich stehe auf dem Pantheon
ich begieße mich Wein
und auch die Fontana di Fiumi weint mit mir
du sagtest Rom
ist zu weit weg mein Freund
ja Rom
ist zu weit entfernt
du sagtest Rom
ist zu weit weg mein Freund
ja Rom
ist viel zu weit entfernt
ja ich kostete
von der Pizza deines Träume
trank den Perlwein deiner Liebe so frizzante
alle Wege führen nach Rom
und keiner dran vorbei
und deshalb ist in Rom nun auch das Ende von uns zwein
Die Rosenmänner sie meiden mich
auf dem Pantheon da begieße ich mich
die Springbrunnen der ganzen Welt ergießen sich
rücksichtslos
7. Experimente mit Auftrieb
ich sah so lange in den Spiegel, dass ich frieren begann
wenn das Weltgetriebe mahlt, hält man sich besser auf Distanz
ja bei keiner meiner tausend wogen war ich wirklich da
aus taubem Mund erklang das Todeswort
und taub nahm ichs wahr
ich saß vor einer Sargfabrik
sie hieß memento mori
ich konnte niemals sehr gut sterben lassen, weil ich wusst, dass ich vergaß
aber du, du wirst gesehen und nun stehst du auf der Straße, glaubst
dass gestern es die Tränen warn
und heute ist es Tau
an jedem Bahnhof wird gewartet
auf jemanden der niemals je den Zug bestieg
und in Ephesus wird geschlafen, weil man uns verschwieg
dass jede Handlung nur zum Echo einer andern ward
und nichts fatales mehr geschieht, es sind nur Experimente mit Auftrieb
ich vergaß alles, was ich gab
erinner nur, was ich bekam
ich denke nicht mehr übers Leben nach, nur über meine Fehler
vergaß alles was ich gab, erinner nur was ich bekam
Experimente, Experimente mit Auftrieb etc.
8. Auf einem Hügel
Auf einem Hügel
hinterm Wald
sah ich in die Sonne
und man sagte mir
dass ich mich nicht davon erholen könne
ich besuchte jenen Hügel
jeden Tag danach
sah nie wieder in die Sonne
und ich weint auf meinem Grab
ich focht mit meinem Schicksal
doch es hatte kein Erbarmen
auf jenem Hügel hinterm Wald
da wird mein Körper nun erkalten
und dann rannte ich, ich rannte
ah Krähen warn am Himmel
und Wolken zogen auf
es verdunkelt sich
das Firmament
und drüben auf dem Hügel
da überkommt es mich
wenn ich unten wieder ankomm
von allem, was da war
wenn ich unten wieder ankomm
dann ist nichts davon mehr da
auf einem Hügel hinterm Wald
eine Träne der Sterne
und es lacht nur der Mond
hämisch über mein Ende
und in meinen gebrochenen Augen
da bricht sich sein Licht
mein erschlagener Körper
er bettet sich
auf jenen Hügel hinterm Wald
wo ich dich noch einst zu Schlafe brachte
da lege ich mich selbst heut Nacht
wir sind wieder vereint
ich rannte, ich rannte
ah Krähen warn am Himmel
und Wolken zogen auf
es verdunkelt sich das Firmament
und drüben auf dem Hügel
da überkommt es mich
wenn ich unten wieder ankomm
von allem, was da war
wenn ich unten wieder ankomm
dann ist nichts davon mehr da